Kurische Nehrung - ein Geisterwald...
Um den Besuch in den baltischen Staaten zu komplettieren, stand als Letztes Litauen auf dem Programm. Eigentlich ziemlich spät. Durch die Einstellung der Direktflüge von AirBaltic von Berlin-Tegel aus, musste sich erst einmal wieder eine günstige Gelegenheit ergeben. Seit einiger Zeit bietet Ryanair eine Direktverbindung nach Vilnius an. Leider fliegt diese Low Cost Airline bekanntlich nur von Schönefeld aus. Das bedeutet erneut, mehr Fahrzeit zum Flughafen als zum eigentlichen Reiseziel.
Der Flughafen Vilnus (Vilniaus oro uostas) besitzt eine gute Verkehrstechnische Anbindung. Es fahren Busse (Linie 1,2, 3G und 88) direkt in das Zentrum. Die Fahrzeit beträgt je nach Verkehr in etwa 15 Minuten. Eine Fahrt mit dem Taxi vom Flughafen Vilnius zum Hauptbahnhof kostet zwischen 15 – 18 Euro. Eine Anbindung an das Schienennetz besitzt der Flughafen Vlniaus oro uostas auch. ÖPNV ist ansonsten in Vilnius nur über Busse geregelt. Das System ist sehr undurchsichtig und nicht besonders besucherfreundlich. Durch die geringe Entfernung des Flughafens zum Zentrum spart sich jeder Gast viel Reisezeit. Vilnius ist also ideal für einen Kurzaufenthalt.
In der Stadt wird das auch schnell deutlich. Wenn auch zur herbstlichen Jahreszeit keine Massen an Touristen zu sehen waren, so prägten sie doch erheblich das Stadtbild von Vilnius. Die Altstadt von Vilnius ist den anderen Hauptstädten des Baltikums ähnlich. Es ist die einzige Hauptstadt im Baltikum, die nicht direkt am Meer liegt. Auch ist es in der Stadt selbst etwas hügelig und unübersichtlich. Sich zu verlaufen, ist relativ einfach. Zwischen den prachtvollen Bauten sind hin und wieder Überreste der sozialistischen Vergangenheit zu erkennen. Vilnius machte auf mich in der Altstadt irgendwie einen verbauten Eindruck. Alles ist nicht so glanzvoll wie in den anderen beiden baltischen Städten. In Vilnius gibt es eine extreme Dichte an Restaurants und Cafés. Es gibt weniger Bars als in Riga und Tallinn. Dadurch ist wohl auch in Vilnius der Sauftourismus nicht so ausgeprägt. Wie auch in den anderen baltischen Staaten gibt es in Supermärkten etc. auch nach 22 Uhr keinen Verkauf von alkoholischen Getränken mehr. Das Preisniveau in der Touristengegend von Vilnius ist höher als in Riga oder Tallinn. Es ist nicht teuer, aber auch nicht günstig und ist dem deutschen Preisen sehr ähnlich. Etwas ruhiger ist es im Künstlerviertel Užupis. Hier sind auch die Preise nicht ganz so hoch als in der quirligen Altstadt von Vilnius.
Auffällig ist die große Anzahl riesiger Shopping-Malls außerhalb der Altstadt. Für eine Einwohnerzahl von etwas über 500000 völlig überdimensioniert. Richtig interessant wird es auch hinter den funkelnden Neubauten. Hier sind Straßen teilweise nicht gepflastert und Menschen leben in abgerockten Holzhütten ohne Strom und fließend Wasser. An diesen Plätzen besteht eher eine Verbindung zu einem Entwicklungsland als zu einem Land in der Europäischen Union.
Leider spielte in Vilnius das Wetter überhaupt nicht mit. Es war tagsüber dunkel und regnete fast pausenlos. Diese Situation ließ großartige Erkundungstouren durch Vilnius bedauerlicherweise nicht zu. Um den trüben Gegebenheiten zu entfliehen, ging es am zweiten Tag in Litauen an das Meer, genauer gesagt an die Kurische Nehrung. Von der Hafenstadt Klaipėda (bis 1920 nördlichste Stadt Deutschlands) ging es via Autofähre auf die Kurische Nehrung. Bei Einfahrt in den Nationalpark Kursiu Nerija musste dann noch einmal eine extra Gebühr entrichtet werden. Es folgte eine etwa 40 Kilometer weite Fahrt bis zum Zielort Nida. Der Ort Nida war zur herbstlichen Jahreszeit fast völlig verwaist. Viele Restaurants und Läden hatten bereits geschlossen. Kaum vorstellbar, dass nur wenige Wochen zuvor die Insel vor Besuchern fast aus allen Nähten geplatzt ist. Nida ähnelt von der Architektur her mit den vielen Holzhäusern andern historischen Seestädten am baltischen Meer. Von der Natur her, mit Wald und Dünen ist es ein wenig mit einer Nordseeinsel zu vergleichen. Die Kurische Nehrung ist im Oktober ideal zur Erholung. Nur wenige Gruppen (vorwiegend Deutsche) waren hier im Oktober noch unterwegs. Die Insel ist zum Baden und Wandern ideal. Ansonsten gibt es aufgrund der Größe und Abgeschiedenheit nicht viel zu entdecken. Europas zweitgrößte Wanderdüne (Parnidis-Düne) mit Aussicht nach Russland ist schon sehr beeindruckend. Auch die evangelische Kirche mit dem angeschlossenen Friedhof, auf dem vorwiegend Deutsche beerdigt sind, ist sehenswert. Im kleinen Hafen von Nida werden Bootstouren im Haff angeboten und in den Sommermonaten ist das Gebiet beliebter Treffpunkt für Speis und Trank. Ein klassischer Leuchtturm befindet sich unweit von Nida auf dem Urbo-Hügel. Am Ende des Nationalparks von Kursiu Nerija gibt es eine Aussichtsplattform, die in ein völlig zerstörtes Waldgebiet Einblick gewährt. In diesem Gebiet sieht es aus wie nach einem sauren Regen. Die Ursache der Zerstörung ist aber auf Nistplätze etlicher Kormorane zurückzuführen. Diese haben ein ganzes Waldgebiet quasi Totgeschissen. Nach einem extrem windigen, aber sehr sonnigen Tag ging es 300 Kilometer zurück nach Vilnius zum Rückflug nach Deutschland.
Fazit: Es waren schöne Tage in der Litauen. Vilnius ist eine schöne Stadt, die aber nicht ganz an die anderen beiden baltischen Hauptstädte herankommt. Hier erinnert vieles doch schon an Polen. Der Ausflug auf die Kurische Nehrung hat mir sehr gut gefallen. Ich hatte von der Insel zuvor nie viel gehört und war überrascht, wie schön es dort war. Insgesamt haben sich die paar Tage in Litauen gelohnt. Schade war nur das schlechte Wetter in Vilnius.