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- Hendrik Lorenz
- Reiseberichte
- Kategorie: Australien
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Mit Tauchlehrer Beat Bracher auf der 12-m-R Yacht „Gretel“ 1997
Wie das immer so ist, viele Dinge im Leben sind nie geplant, sie werden aber trotzdem unternommen. Genau so war es mit der Reise nach Australien. Eigentlich ein Land, was bei mir bis dato nie auf der Agenda stand. Doch es ergab sich aus Zufall. Irgendwann bekam ich eine Nachricht von einer Mitschülerin, mit der ich 1994 bis 1995 auf der FOS Gestaltung zusammen die Schulbank drückte. Die Frau war mittlerweile nach Australien ausgewandert und warf dann eines Tages mal so in den Raum, ich könnte ja mal „vorbeikommen“. Um mal so vorbeizukommen war das dann wohl doch etwas zu weit weg und es musste erst einmal viel ausgelotet werden. Beruflich wie auch finanziell. Gerade zeitlich ist eine solch weite Reise als Arbeitnehmer ein Problem, denn für nur 2 Wochen ergibt es keinen Sinn, wenn alleine die An- und Abreise schon drei Tage in Anspruch nehmen können. Mit dem Internet war das in dieser Zeit noch nicht so weit, die Organisation einer Individualreise hat weit aus mehr Aufwand gekostet. Diverse Reisebüros abklappern, bei der Botschaft anfragen und, und, und. Tja, schnell stand fest: Das Unterfangen wird nicht preiswert. Also, was sagt der Kontostand? Nicht gut. Um die Finanzierung des geplanten Unternehmens zu gewährleisten, musste ein überflüssiger Sparvertrag aufgelöst werden. Der Arbeitgeber (Danke Elmar Löhner) spielte zum Glück mit und genehmigte 4 Wochen Urlaub an einem Stück. Über ein Bremer Reisebüro fand ich einen zur damaligen Zeit günstigen Hin- und Rückflug: 1450 DM. ABER: Die Reiseroute für den Preis war schon abenteuerlich:
- Bremen - London Gatwick
- Transport nach London-Heathrow via Zubringerbus
- London-Heathrow -Bangok
- Bangkok- Sydney
- Sydney - Brisbane
- Brisbane - Porserpine
Nun gut, es musste eben günstig sein, viel finanziellen Spielraum gab es nicht. Ein Touristenvisum musste bei der australischen Botschaft in Berlin beantragt werden. Das hieß: Pass eintüten und postalisch hinschicken. Heute geht das meiner Erkenntnis nach elektronisch. Bei der Reisezusammenstellung war ich mir nicht sicher, ob ich jeden Anschlussflug auch bekomme. Dennoch gab es keine andere Wahl, da wie schon erwähnt, die finanzielle Situation nicht die Beste war. Das Abenteuer startete am 15.05.1997 vom Flughafen Bremen. In Gatwick angekommen hatte der Zubringerbus nach London-Heathrow, Verspätung. Die Fahrt nach Heathrow dauerte fast 1 Stunde. Leider landete ich in einem falschen Terminal und musste diesen noch einmal wechseln, was viel Zeit kostete. Der Anschlussflug nach Bangkok wurde aber zum Glück noch pünktlich erreicht. Das erste Mal in einer Boeing 747. Groß, geräumig und geräuscharm. Die Reisezeit betrug für 9500 Kilometer knapp 12 Stunden. In Bangkok mussten alle Passagiere aussteigen und es gab einen mehrstündigen Aufenthalt im Transitbereich der thailändischen Hauptstadt. Nach dem Auftanken und Reinigung der Maschine ging das Boarding erneut los. Für die weitere Reise von Bangkok nach Sydney musste eine Distanz von 7500 Kilometer überwunden werden. Dafür wurden 9,5 Stunden benötigt. In Sydney konnte ich zum Glück im Flugzeug sitzen bleiben und nach einer kurzen Pause, ging es in einem ziemlich leeren Flugzeug, weiter nach Brisbane. An dieser Stelle wurde mir von der angebotenen Bordverpflegung langsam schlecht. Die Flugzeit von Sydney nach Brisbane betrug für die 1600 Kilometer 2,5 Stunden. In Brisbane war wieder einmal umsteigen angesagt. Das Gepäck wurde zum Glück durchgeleitet. Allerdings hatte ich bei so vielen Stopps schon meine Zweifel, ob auch mein Gepäck mit mir zusammen am Zielort Proserpine ankommt. In Brisbane gab es dann die Passkontrolle und ich wurde prompt aus der Schlange herausgewunken. Eine intensive Befragung begann, wobei es hauptsächlich darum ging abzuklopfen, was meine Absichten in Australien war. Meine Antworten schienen dem Zoll wohl plausibel und die Einreise konnte erfolgen. Damals waren die Kontrollen noch nicht so streng wie heute. Mit einem kleinen und engen vierstrahliges Flugzeug ging es dann weiter gen Norden des Kontinents. Es klapperte und war laut. Wir flogen ziemlich tief und ich konnte zum ersten Mal gut etwas von der Landschaft sehen. Die letzte Etappe von Brisbane nach Proserpine betrug nur 900 Kilometer und war in einer Stunde vorbei. Das Flugzeug landete auf einer holprigen Landebahn zwischen Palmen. Ein kleiner Wagen mit Anhänger fuhr unter das Flugzeug, die Klappe öffnete sich und das Aufgabegepäck aller Passagiere fiel auf die Ladefläche des Anhängers. Von dort aus musste sich jeder sein eigenes Gepäck heraussuchen. Unkonventionell aber zeitsparend. Mit großer Freude sah ich, dass meine kleine blaue Tasche da war und auch meine Klassenkameradin Kerstin wartete schon am Flughafen auf mich. Perfekt gelaufen und das alles ohne Mobiltelefon und Internet. Mit dem Auto ging es nun vom Flughafen Proserpine nach Airlie Beach, wo ich erst einmal in einer WG unterkam. Es war ungewohnt, zum ersten Mal als Beifahrer auf der für mich gewohnten Fahrerseite (Linksverkehr) zu sitzen. Da es in Airlie Beach noch recht früh am Abend war, gingen wir in eine der vielen Kneipen. Hier wurde schnell das hohe Preisniveau des Landes klar. Hartes Wirtschaften war angesagt, um die 4 Wochen ohne ein Minus abzuschließen. Die ersten zwei Tage verliefen trotz der anstrengenden und weiten Reise relativ normal. Doch dann schlug der Jetlag gnadenlos zu. Nach Erzählungen meiner lieben Klassenkameradin Kerstin Boike verließ ich sogar einmal wortlos das Wohnzimmer und fiel einfach auf das Bett und war sofort weg. Nach zwei Tagen war die Akklimatisierung abgeschlossen. Leider wurde die WG nach ein paar Tagen aufgelöst und meine Unterkunft musste verlegt werden. Ein günstiges Backpacker-Hotel war nun das neue Zuhause für die nächsten Wochen.
Zum Glück waren die Schlafsäle in der Zeit nur spärlich belegt, sodass der Aufenthalt eigener Maßen erträglich war. Um auch etwas zu erleben, buchte ich eine Bootstour zwischen den Whitsundays. Die Tour dauerte zwei Tage. An Bord waren noch Österreicher und Dänen. So gab es nur wenig Verständigungsprobleme. Es gab mehrere Stopps unter anderen auf Hamilton Island. Flora und Fauna waren sehr schön. Unvergessen die vielen Papageien, die mit ausgestreckter Hand angelockt werden konnten. Nach dieser Tour entschied ich mich, einen Tauchkurs zu absolvieren. Dieser wurde bei den Island Divers in Airlie Beach angemeldet. Die ersten Übungen wurden in einem unfassbar kalten Pool absolviert. Es war so kalt, dass blaue Lippen am Ende der Übung bei allen fast allen Teilnehmern dieses Kurses die Regel waren. Nicht besser waren die Freitauchgänge am Langfort Reef vor Hayman Island. Im Mai war die Sicht extrem schlecht und das Wasser nicht besonders warm. Viel Spaß hat die Ausbildung deshalb nicht gemacht, aber der Tauchschein war in der Tasche. Später fand ich heraus, dass das Equipment einfach nicht ausreichend war. Der Neoprenanzug, ein 3 Millimeter Shorty, eignete sich eigentlich nur für Surfer oder Menschen, die an Stoffwechselstörungen leiden. Konsequenz der schlechten Ausrüstung: Eine heftige Nebenhöhlenentzündung die drei Tage das Urlaubsvergnügen stark beeinträchtigte. Die Tauchgänge wurden übrigens auf der „Gretel“, ein Klassiker der America’s Cup Geschichte absolviert. Die Geschichte dieses Bootes ist hier nachzulesen. Nach der Genesung stattete ich noch der legendären Bredls Wild Farm einen Besuch ab. Tiere hautnah und Shows mit Krokodilen. Absolut sehenswert und immer wieder in den Medien bis heute präsent. Siehe hier. Ein paar Wochen an der Küste Queensland reichten dann auch. Die Rückreise wurde früher als geplant angesetzt. Zum Glück war die Umbuchung kostenlos und ergab sich die Gelegenheit Brisbane, die drittgrößte Stadt Australiens, zu erkunden. Auch dort war die Unterkunft ein einfaches Backpacker-Hotel, die sogar ein Flughafenshuttle anboten. In Brisbane selbst gab es bedauerlicherweise nicht viel zu sehen. Es war für mich eine sehr neue und saubere Stadt ohne jegliches Nachtleben. Ab 22:00 wurden die Bordsteine nach oben geklappt und es war so gut wie alles geschlossen. Die Stadt Brisbane war sauber und sicher, aber auch leider genauso langweilig. Ein wenig Shopping, ein wenig Kino und dann stand die Rückreise nach Europa an. Auch bei der Abreise gab es von dem australischen Zoll mir gegenüber eine Extrakontrolle. Der nette Beamte fand aber nichts und erfreute sich über meine vielen Souvenirs von der Castlemaine XXXX Brauerei, dessen Fan er auch war. Am Ende der Reise ist dann aber doch noch passiert: In Bremen war das Aufgabegepäck verschwunden. Es wurde drei Tage später aber an meine Wohnadresse geliefert – zum Glück völlig unversehrt.
Fazit: Australien 1997 war für mich ein großes Abenteuer, das bis heute ins kleinste Detail unvergessen ist. Australien wirkte auf mich wie eine Mischung aus England und den USA. Auffallend negativ: Alle Einwanderungsgruppen schienen unter sich zu leben. Auffallend positiv: die Ruhe und Gelassenheit der Einwohner und der hohe Lebensstandard bzw. die hohe Lebensqualität. Rückkehr? Eher unwahrscheinlich, wenn aber auch nicht ausgeschlossen.