Mit dem Deutschlandticket eine Reise tun

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R1 Eisenhütenstadt nach Magdeburg

Ich finde das Deutschlandticket eigentlich eine gute Sache. Zwar kostet der Fahrschein mittlerweile schon 58 €, aber wer es richtig nutzt, hat die Kosten schnell wieder heraus. Alleine für Berlin ist es günstiger als eine BVG AB Monatskarte und oft geben Firmen noch zum Deutschlandticket einen Zuschuss. Durch die Bindung an den Nahverkehr ist dieses Ticket allerdings nur begrenzt nutzbar. Wer Fernreisen mit einem Regionalexpress machen möchte, braucht sehr viel Zeit. Seitdem die städtische und überregionale Infrastruktur immer mehr zusammenbricht, wird die Reise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und außerhalb von den teureren ICE und IC Zügen, mehr und mehr zum Abenteuer. Ich wollte es einmal ausprobieren und reiste mit dem Deutschlandticket von Berlin nach Goslar und zurück. Start der Unternehmung war die Bushaltestelle Eichhorster Weg/Schorfheidestraße im Ortsteil Märkisches Viertel. Dort gab es schon die erste Pulkbildung, weil wieder mehrere Busse ausgefallen oder zu spät kamen. Mit dem Bus M21 ging es zur S- und U-Bahnstation Wittenau. Von dort aus sollte mich die S1 dann bis zur Station Friedrichsstraße transportieren. Die S1 kam dann auch. Mit 8 Minuten Verspätung. Während der 20-minütigen Fahrt in der überfüllten S-Bahn hörte ich alle möglichen Sprachen, vorwiegend osteuropäische Dialekte. Deutsch? Nein. Fehlanzeige. Lautes telefonieren mit offenen Lautsprecher in den unattraktivsten Sprachen der Welt begleiteten mich bis zur Station Friedrichstraße. Über die defekte Rolltreppe erreichte ich den Bahnsteig. Dort sollte die legendäre R1 (verbindet die polnische Grenze mit Berlin und Magdeburg) um 16:57 eintreffen. Der beliebte Zug traf aber erst 10 Minuten später ein. Eine Information über die Verspätung im Fahrgastinformationssystem gab es nicht und es gab auch diesbezüglich keine Informationen über die Lautsprecher. Umstieg in den RE21 nach Goslar in Magdeburg. Ab Halberstadt war ich gefühlt der einzige Kaukasier im gesamten Zug. Rückfahrt mit dem R21 nach Berlin startete mit 3 Minuten Verspätung. Der sehr kleine Schienenbus nach Magdeburg war schon in Goslar total überfüllt. In Vienenburg bleiben die ersten Fahrgäste stehen. Immer wieder versuchten Fahrradfahrer aggressiv in den Zug zu kommen, obwohl alle Fahrradplätze schon belegt waren. Da es überhaupt kein Zugpersonal gab, die dort hätten einschreiten können, führte das an mehreren Stationen zu erheblichen Verspätungen und Pöbeleien unter den Fahrgästen. Darüber hinaus war die Fahrgastinformation in dem Schienenfahrzeug defekt. Der R21 erreichte Magdeburg mit 10 Minuten Verspätung. Der Anschließende R1 wieder zurück nach Berlin starte ebenfalls mit 10 Minuten Verspätung. Das Triebfahrzeug war zwar nicht überfüllt, hatte aber diverses interessantes Klientel mit an Bord. Erst einen Fußballproleten, der ständig grölte und dann eine junge Frau, die so laut telefonierte, dass jeder Fahrgast unfreiwillig ihr ganzes Privatleben (angebumst, (also schwanger), keine Arbeit, keine Zukunft) mitbekam. Später stellte sich auch noch heraus, dass eben diese Person mit einem abgelaufenen B-Schein (Schwerbehindertenausweis) unterwegs war und damit eigentlich schwarzgefahren ist. Kurz vor Werder befanden sich dann noch gar lustige Mitbürger im Gleisbett, was die ganze Reise weitere 10 Minuten verzögerte. Auf der Suche nach einer Toilette musste ich feststellen, dass zwei der 3 vorhandenen Toiletten im Zug defekt waren. Durch die immer größer werdende Verspätung gab es diverse Stopps, weil pünktliche Züge den Bahnhof blockierten, womit logischerweise, die eigentliche Verspätung immer größer wurde. Endergebnis: 30 Minuten Minus. Geht doch noch. In der S1, die mich von dem Bahnhof Friedrichstraße nach Wittenau brachte, gab es zur Krönung noch einen aggressiven Betteleinsatz von "reisende Rumänen" zu bewundern und auch in der S-Bahn war die Fahrgastinformation ausgefallen. Immerhin war der Bus M21 in das Märkische Viertel als einziges Transportmittel an der ganzen Reise pünktlich.

Fazit: Nein. Eine Reise außerhalb der Stadt im Nahverkehr mit dem 58 € Ticket ist nicht zu empfehlen. Allerdings ist eine solche Exkursion eine interessante Studie über die mittlerweile ausgetauschte Gesellschaft dieses Landes und der katastrophalen Infrastruktur einer einstigen Industrienation mit Vorbildcharakter. Ich bin froh, dass ich Unternehmung ohne Messerattacke oder Raubüberfall überstanden habe. Ich werde in Zukunft dann doch lieber wieder auf ICE umsteigen, um die oben genannten Risiken und Nervfaktoren aus dem Weg zu gehen, obwohl es auch beim ICE sehr oft Verspätungen gibt und Messer-Neudeutsche die ohne Ticket reisen und randalieren an der Tagesordnung sind. Ich fühle mich in diesen Zügen einfach (noch) wohler.

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